Man stelle sich folgendes vor: Weil ein Raser das Tempolimit weit überschritten hat, folgt ihm die Polizei und stellt ihn zur Rede. Der Verkehrssünder wird einen plausiblen Grund nennen: ein Krankheitsfall vielleicht, der ihm keine andere Wahl ließ. So weit, so gut. Nichts Neues für Verkehrspolizisten.
Neu wäre nur dies: Der Raser sieht nicht ein, dass er gegen eine Regel verstoßen hat. Mehr noch, er wird den Polizisten erklären, auch zukünftig solche Regeln zu missachten, weil er (anders als andere) immer nur für „das Gute“ unterwegs sei und er außerdem mit höchster Intuition und Konzentration rase, „mit Gefühl und Verstand“ gewissermaßen.
Da dürfe man sich ihm nicht in den Weg stellen.
Emotions Anonymous formuliert für Meetings spezielle („Verkehrs“) Regeln.
Eine Regel lautet so:
„Wir diskutieren niemals über Religion, Politik, nationale oder internationale Streitfragen, andere Glaubenslehren oder Ideologien. EA nimmt niemals Stellung zu Fragen außerhalb ihrer Gemeinschaft.“
Im englischen Original :
We never discuss religion, politics, national or international issues, or other belief systems or policies. EA has no opinion on outside issues.
Der Grund dafür ist einfach: Das Thematisieren von „Streitfragen“ soll vermieden werden, um in Gruppen bzw. in Meetings keinen Streit entstehen zu lassen.
Gruppenmitglieder sollen sich primär als Leidensgenossen, als Freunde sehen und begegnen, weltanschauliche Differenzen sollen nachrangig sein.
Gleiches gilt für die Anonymen Alkoholiker (AA):
Die Gemeinschaft AA ist mit keiner Sekte, Konfession, Partei, Organisation oder Institution verbunden, sie will sich weder an öffentlichen Debatten beteiligen, noch zu irgendwelchen Streitfragen Stellung nehmen. Unser Hauptzweck ist nüchtern zu bleiben..
Das mobbende Gruppenmitglied K. bekennt sich ausdrücklich zu seinen „politischen Ansichten .. die ich von mir gebe“ , in Meetings wohlgemerkt und auch nicht ausnahmsweise, sondern regelmäßig.
Bei ihm nämlich sei es ein „Ringen um das Gute“ . Außerdem sei bei ihm der „persönliche Bezug mit Gefühl und Verstand erkennbar“ .
Wer sich noch an Franz-Josef Strauß (CSU) oder Herbert Wehner (SPD) erinnert, weiß, dass die legendären Politpolterer gleiches für sich beanspruchten: ihr Ringen um das Gute und die Kombination von Gefühl (Leidenschaft) und Verstand.
Dieses vorgebliche „Ringen um das Gute“ ist gewissermaßen das „Geschäftsmodell“, der „Markenkern“ des Mobbers – und seine Hybris. Doch dieses „Geschäftsmodell“ widerspricht fundamentalen EA-Regeln:
„Wir diskutieren niemals über Religion, Politik, nationale oder internationale Streitfragen, andere Glaubenslehren oder Ideologien. EA nimmt niemals Stellung zu Fragen außerhalb ihrer Gemeinschaft. „
Offenbar hatte niemand in der Gruppe je gewagt, dies deutlich zu sagen. Bis zu jenem 27. Dezember 2017:
Aber wohin führt es, wenn wir im Meeting beginnen, dezidiert für politische Sichtweisen und die entsprechenden Medien und Plattformen zu werben?
Und wohin würde es für den Mobber führen, wenn er in Meetings zukünftig auf seine Regelverstöße hingewiesen würde? Auf sein gewohnheitsmäßiges Thematisieren von Streitfragen, auf sein gewohnheitsmäßiges Politisieren und Kritisieren?
„Wenn nicht, magst Du mich jederzeit öffentlich stören!“
Dies war das scheinbar großmütige „Angebot“ an den später gemobbten EA-Freund. Man dürfe ihn „jederzeit öffentlich stören“ , wenn er einmal ohne „persönlichen Bezug mit Gefühl und Verstand“ kritisiere oder politisiere.
Die Vorstellung jedenfalls, dass man ihn in einem Meeting erstmals oder gar jederzeit „öffentlich stören“ könne, dürfte ihm nicht behagt haben.
Wesentlich besser erschien es da, die einzige Person, die ihn erstmals auf seine Regelverstöße ansprach, die ihn gar öffentlich „stören“ könnte, aus der Gruppe herauszumobben.
Damit ist die potenzielle Störquelle beseitigt, er kann ungestört so weitermachen – und aus „jederzeit“ wird niemals.